11.02.2015

Sozialplanabfindung: teure Fehler bei (teilweisem) Verzicht

Der Fall

 

Bei dem Arbeitgeber existiert ein Sozialplan, der für den Fall des betriebsbedingten Abschlusses von Aufhebungsverträgen Abfindungen vorsieht. Der einzelne Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, dass mit ihm ein entsprechender Aufhebungsvertrag abgeschlossen wird. Dies liegt vielmehr im Ermessen des Arbeitgebers. Eine Arbeitnehmerin möchte gerne einen entsprechenden Aufhebungsvertrag abschließen. In diesem Fall würde ihr nach dem Sozialplan eine Abfindung in Höhe von € 395.536,00 zustehen. Um dem Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrages schmackhaft zu machen, weist sie darauf hin, dass sie auch bereit sei, eine niedrigere Summe als Abfindung zu akzeptieren. Es kommt sodann zu einer Einigung der Parteien auf einen Abfindungsbetrag von € 250.000,00. Der Arbeitgeber teilt allein diese Summe dem Betriebsrat mit und bittet diesen um Zustimmung zu der getroffenen Vereinbarung. Dieser erklärt sich einige Tage später mit der Regelung einverstanden. Nach ihrem Ausscheiden klagt die Arbeitnehmerin dann auf die Differenz zwischen der vereinbarten und der im Sozialplan vorgesehenen Abfindung.

 

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 15.10.2013 – 1 AZR 405/12)

 

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die erteilte Einverständniserklärung des Betriebsrats nicht dazu geführt hat, dass der Anspruch der Klägerin auf die erhebliche Differenzzahlung ausgeschlossen ist. Ein Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung (§ 112 Abs. 1 Satz 3 Betriebsverfassungsgesetz). Der Verzicht der Arbeitnehmerin auf einen Teil ihrer Abfindung konnte daher trotz des Einvernehmens mit dem Arbeitgeber nur im Fall der Zustimmung durch den Betriebsrat wirksam werden (§ 77 Abs. 4 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz). Die Zustimmung kann jeweils nur für den konkreten Einzelfall erteilt werden. Daher setzt eine wirksame Beschlussfassung insbesondere voraus, dass der Betriebsrat über sämtliche für seine Entscheidung bedeutsamen Umstände unterrichtet wird. Im Hinblick auf eine Sozialplanabfindung muss insbesondere die sich eigentlich aus dem Sozialplan ergebende Abfindungshöhe und die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelte Abfindungssumme mitgeteilt werden. Diese Anforderungen wurden durch das im vorliegenden Fall an den Betriebsrat versandte Schreiben nicht erfüllt. Dort war lediglich das Ergebnis der Verhandlungen, mithin eine Vergleichssumme in Höhe von € 250.000,00 genannt. Es wurde jedoch nicht darauf hingewiesen, dass sich die Sozialplanabfindung eigentlich auf € 395.536,00 belaufen hätte und die Arbeitnehmer daher auf insgesamt € 145.536,00 verzichtet.

 

 

Fazit

 

Der Fall zeigt einmal mehr eindrucksvoll, dass den Arbeitgeber im Arbeitsrecht vermeintlich kleine formale Fehler teuer zu stehen kommen können. Insbesondere Fehler des Arbeitgebers im Umgang mit dem Betriebsrat verschaffen dem Arbeitnehmer oftmals eine starke Rechts- und damit Verhandlungsposition. Dies zeigt sich in der Praxis am häufigsten, wenn dem Arbeitgeber bei der Unterrichtung des Betriebsrates im Vorfeld des Ausspruchs einer Kündigung Fehler unterlaufen.